Drei Generationen und ein Wunsch

Drei Generationen und ein Wunsch: Gib uns bitte eine gesunde Zukunft

Sicherstellung der medizinischen Versorgung und der
Gesundheitsfürsorge in der Region von NOVEMBERYAN mindestens
für die nächsten 50 Jahre!

 

 

 

 

NOVEMBERYAN liegt am Dreiländereck Armenien, Georgien und Aserbaidschan. Diese landwirtschaftlich fruchtbare Gegend verfügt über ein dreistöckiges Krankenhaus, das in den 50er Jahren erbaut und mit dem damaligen sowjetischen Inventar einschl. medizinischem Anlagen für Röntgen etc. ausgestattet worden ist. Ich besuchte das Krankenhaus Ende Oktober 2008 im Auftrag vom Hayastan Fonds zwecks einer hygieneärztlichen Begutachtung und Empfehlung für eine finanzielle Investition. Ich sprach dort mit KollegInnen, Personal, Patienten und Angehörigen. Da der Chefarzt kurzfristig nach Yerevan gerufen wurde, zeigte die Oberschwester uns alle Stationen, Ambulanzen sowie jegliche  Funktionsbereiche und erörterte die organisatorischen Abläufe bei der Diagnostik, Therapie und der Pflege für die stationären und ambulanten einschl. Notfall-Patienten aus der Stadt und der Region.  Ich hatte das Glück die medizinische Versorgung einer Notfall-patientin über 80 Jahre von der Einlieferung im Krankenwagen mit den Angehörigen über die Erstuntersuchung und Diagnosestellung im Aufnahmezimmer nach den Instruktionen der Dienst habenden Fachärztin (Ambulanz Innere Medizin) über stationärer Aufnahme und Therapiebeginn zu verfolgen und später mich mit ihr und den Angehörigen während der Infusionsbehandlung zu unterhalten. Im Krankenhaus werden im Ambulanzbereich fast alle lebensrettenden medizinischen Disziplinen einschl. Neurologie, Pädiatrie, Geburtshilfe und Gynäkologie unter kompetenter fachärztlicher Leitung der Bevölkerung angeboten; im stationären Bereich gibt es eine innere und chirurgische Abteilung mit Operationssaal, Aufwach- und Intensivpflegezimmer, eine „fleißige“ Geburthilfe-Abteilung mit tüchtigen Hebamen und eine gynäkologische Station, ein biochemisches Labor mit kompetentem Personal, eine bescheidene Physiotherapie, eine funktionsfähige Apotheke und ein ordentliches Dokumentationsbüro für Patientenakten. Die „Familien- / Für- u. Vorsorge-medizin“ zog mit ihren Kinder- und Familienärzten von ihrem bewährten Stadtdomizil auf die höchst ungeeignete dritte Etage des alten Krankenhauses in eine Seitenflur, wo täglich Eltern mit ihren Kindern auf Pflicht-Untersuchung, Beratung und Impfung warten. Draußen in einem verkommenen Gebäude sind die Infektionsstation und das mikrobiologische Labor untergebracht.

 

Das ist aber auch alles, was in diesem Krankenhaus überhaupt funktioniert und den „Betriebs-alltag“ aufrecht hält, dank der Fachleute aus allen o.g. Disziplinen mit Courage, Berufung zum medizinischen Beruf und Nächstenliebe. 

Wasser ist nur in der ersten Ambulanz-Etage verfügbar, jedoch nur in einigen Räumen und nur ab und zu am Tage! Fließendes Leitungswasser, das man dringend für jegliche medizinische Versorgung einschl. für die Körperpflege, für die Reinigung und zum Händewaschen benötigt, ist nicht vorhanden! Welch ein Glück! Wohin soll das „Schmutzwasser“ auch abfließen? Die meisten Waschbecken sind nicht an den Abflussleitungen angeschlossen. Auch ein Glück sonst wird das Abwasser von den beschädigten Decken hinunterfließen bzw. der unansehnlich verpilzten Wände hinunterrieseln und in den großen Stolperlöchern der unendlichen Fußböden in den Räumen und Fluren versickern.  Mit anderen Worten: das gesamte Sanitär-Netz des Krankenhauses einschl. der Sanitäreinrichtungen muss entfernt und neu installiert werden einschl. eines Wasserreservoirs mit Wasserdruckregelung und Warmwasserversorgung. Die Toiletten-Situationen sind dem entsprechend  kaum in Worten zu beschreiben, man muss sie gesehen haben!

 

Es wir fast ausschließlich in den Räumen mit Elektro-Kochherden vom Bazar geheizt, worauf man auch Kaffee kocht. Es ist nicht nur unzumutbar sondern auch wegen Brandmöglichkeit  im Zusammenhang mit dem maroden Bausubstanz, Inventar und Mobiliar lebensgefährlich!

Auch die medizinischen Geräte, Pflegeutensilien, Betten etc. müssen erneuert bzw. in angemessenem Maße ersetzt werden, um die Funktionalität für eine einwandfreie Diagnose und Behandlung sicherzustellen.

 

Nach meiner Beurteilung wird jede „Funktionsecke“ im dreistöckigen Krankenhaus zukunftsorientiert von medizinischer und gesundheitspolitischer Wichtigkeit, deshalb ist eine Totalsanierung der Einrichtung unumgänglich, welche nicht Etagenweise sondern – wegen des Sanitärnetzes –  nur Quadrantenweise über drei Etagen hinweg erfolgen kann, ohne den Patientenbetrieb zu beinträchtigen. Die Bevölkerung der Region braucht auch für die jetzigen und zukünftigen Generationen ein „funktionierendes“ Krankenhaus bzw. eine zeitgenössische Gesundheitseinrichtung. Es wird nicht „billig“ sein, dies zu verwirklichen, aber was ich dort gesehen, gehört und erlebt habe – es wird sich lohnen, wenn man vernünftig, bescheiden und Bedarfs orientiert plant und gezielt finanziell, materiell und mit Know-How investiert.

 

Dr. med. Hamparsum Mergeryan

Vorsitzender des Vereins Armenischer Mediziner in Deutschland e.V. (VAM)

(Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene u. Infektionskontrolle / UMG – Universitätsmedizin Göttingen)

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